Samstag, 30. April 2016

Khmer New Year

In Kambodscha beginnt das neue Jahr nicht im Januar sondern im April. Zudem nicht einmal am 1ten des Monats,  meistens fällt der Neujahrstag auf den 13ten oder den 14ten. Den Eintritt ins neue Jahr wird immer um die drei Tage lang gefeiert, in diesem Jahr waren es sogar 4 Tage. An diesen Tagen hat natürlich (fast) jeder frei und die Meisten fahren zu ihren Familien aufs Land und man feiert gemeinsam. Zu diesem Anlass haben auch die staatlichen Schulen zwei Wochen geschlossen. Außerdem ist April der wärmste Monat und es sind die ganze Zeit so um die 40°C. Bei diesen Temperaturen möchte man ungerne im Klassenraum hocken und pauken, wo man doch auch Wasserschlachten mit seinen Freunden machen kann.
Auch Children's Dream macht zwei Wochen dicht, dies aber um eine Woche versetzt als die normalen Schulen. Das führt dazu, dass die letzte vor unseren Ferien weniger als die Hälfte der Schüler kommen, da so viele gar nicht mehr in der Stadt sind. An Unterricht ist da nicht zu denken und so hat sich wohl die Tradition durchgesetzt, dass diese Woche lang eigentlich nur gespielt wird. Aber nicht jeder für sich allein mit Puzzle, Lego oder sonstiges. Nein, alle zusammen in Hof und zwar die traditionellen kambodschanischen Neujahresspiele.
Für Sreynith und mich hat es sich ein wenig komplizierter angestellt, da unsere Kinder teilweise zu klein sind um mit den anderen Kindern zu spielen und teilweise auch einfach zu jung um die Spiele zu verstehen. Aber separat etwas anderes, leichteres zu spielen geht ja auch nicht. Das was die anderen machen ist ja immer viel viel interessanter und dann hört einem plötzlich keiner zu, sondern  es wir gebannt auf die großen Kinder gestarrt, die anscheinend so viel Spaß haben und so komische Sachen machen. Insgesamt hatten wir und die Kinder eine Menge Spaß.

Zum einen werden so Spiele wie Sackhüpfen oder dieses Wettrennen, beidem zwei Personen zwei Beine aneinander geknotet haben, die es bei uns auch gibt, gespielt. Aber zum anderen auch Spiele die ich zuvor nicht kannte. Ich möchte euch diese Spiele natürlich nicht vorenthalten, sondern davon berichten und so gut es geht die Spielregeln erklären. Daher folgt eine kleine Auswahl der Spiele. Da ich die Namen der Spiele nicht kenne, bzw. sie sowieso ursprünglich in khmer sind nenne ich die einfach irgendwie. Daher sind die Namen vielleicht ein wenig komisch.

Plumssackabwandlung mit Schlagen 
Bei diesem Spiel setzten sich alle Beteiligten in einen Kreis. Eine Person rennt mit einem Handtuch, in dem ein anderes Handtuch gewickelt ist, außen herum und lässt dieses irgendwann hinter einer anderen Person fallen. Diese und die in Spielrichtung neben ihr sitzende Person müssen aufstehen und um den Kreis herum rennen. In dieser Zeit darf die Person mit dem Handtuch die andere Person ohne Handtuch mit dem Handtuch schlagen. Entkommen kann die andere Person den Schlägen natürlich nur in dem sie schneller rennt und sich an den Ursprungsort setzt. Die andere Person rennt mit dem Tuch weiter und lässt wieder irgendwann fallen.
Bei diesem Spiel hat zum Beispiel einer meiner Schüler einfach nicht mehr das Handtuch hergegeben und durchgehend weiter geschlagen, wobei auch die Runde schon längst um war.

Kleine Anmerkung: Bei diesem Spiel ist keine Gewalt vorhanden und die Schläge sind nicht doll und tuen daher auch nicht weh.



Plumssackabwandlung mit Pärchen 
Bei diesem Spiel müssen alle in einem Kreis stehen und Händchen halten. Diesmal rennt nicht ein Einzelner um die anderen herum, sondern ein Händchen haltendes Pärchen. Diese müssen zu beliebigen Zeitpunkt zwei sich haltende Hände durch schlagen oder berühren oder wie auch immer. Das erste Paar rennt weiter in ihre normale Richtung, das andere Pärchen rennt in die andere Richtung. An der Stelle wo die beiden Paare aufeinander treffen, müssen sie ihren Partner tauschen. Somit entstehen zwei neue Paare bestehend aus jeweils einem Mitglied der beiden vorigen Paare. Diese beiden Paare müssen dann wieder in entgegengesetzter Richtung um den Kreis rennen und das Paar, welches zuerst an der Ursprungsstelle ist, hat gewonnen und darf sich dort wieder eingliedern. Das andere Paar muss sich einen neuen "Herausforderer" suchen.
Bei diesem Spiel wurden meine Schüler teilweise von den Älteren getragen um schneller zu sein. Wenn ein Paar nur aus Schülern von mir bestand haben sie mit riesigem Vorsprung verloren oder sind erst gar nicht los gerannt.




Das Affen Spiel
Es gibt zwei Teams, die sich in zwei Reihen gegenüber stehen. In beiden Teams ist jeder einer bestimmten Zahl zugeordnet, so dass es jede Zahl zweimal gibt. In der Mitte zwischen den beiden Teams steht der Spielleiter mit einem Ast in der Hand. Vor ihm ist auf dem Boden ein Kreis aufgezeichnet.
Der Spielleiter ruft eine Zahl auf und sobald er den Ast in den Kreis auf den Boden geworfen hat, dürfen die zwei Person mit der richtigen Nummer losrennen. Jetzt geht es darum, wer den Ast bekommt. Man muss ihn nicht nur haben, sondern zu seinem Team bringen, ohne dabei von dem anderem gefangen zu werden. Dabei gibt es verschiedene Taktiken. Denn man darf erst den anderen fangen, wenn er den Ast aus dem Kreis entnommen hat. Falls man die andere Person antippt, obwohl sie den Ast nicht genommen hat, hat man verloren. Somit kann ein ewiges Umkreisen des Astes, ein ständiges Vortäuschen den Ast zu nehmen oder ein schnelles greifen und wegrennen entstehen. Wenn das Umkreisen aber zu lange dauert wird eine weitere Nummer aufgerufen, die zur Hilfe eilen soll.
Gewonnen hat das Team mit den meisten Punkten.

Hierbei haben meine Schüler den Ast einfach beide gegriffen und wie beim Tauziehen zur anderen Seite gezerrt und sind, wenn die andere Person schneller war, nicht einmal hinterher gerannt um zu versuchen die andere Person zu fangen.



Früchte ohne Hände essen
Bei diesem Spiel geht es darum eine Frucht, wobei ich der Meinung bin, dass es sich um ein Gemüse handelt, ohne Hände zu essen. Um es noch ein wenig komplizierter zu machen ist diese Frucht an einer Schnur angehängt und schaukelt schön rum.

dieses Video ist ein wenig älter, aber da hatten wir schon einmal das Speil gespielt


Am letzten Freitag vor den Ferien war es dann endlich so weit. Die Khmer New Year Party, über die wir schon tausendfach in Meetings geredet und geplant hatten, stand an. Dafür haben wir uns alle hübsch gemacht und unterdessen sogar Sarongs, die typischen kambodschanischen Röcke, angezogen. Um alles vorzubereiten trafen wir uns schon um 7 Uhr an der Schule und unter anderem durfte ich eine Menge Luftballons aufblasen, aber immerhin habe ich darin schon Jahre lange Übung. Die Schüler kamen gegen 8 Uhr und ach schon ging es los.
Wir spielten die beliebtesten Spiele der Woche und hatten dazu laute Musik. Sogar an Mikrofonen für die Spielleiter sollte es nicht mangeln.



Alles begann mit dem Wasser-Mund-Flaschen-Spiel. Dabei muss man Wasser in den Mund nehmen auf die andere Seite rennen und dort in eine Flasche spucken. Wer als erstes seine Flasche gefüllt hat hat gewonnen. Diesmal gab es sogar Preise für die Spielenden. Der Erste bekommt 4 Schreibhefte, der Zweite 3 Schreibhefte, der Dritte 2 Schreibhefte und der Letzte 1 Schreibheft. Somit sind alle Sieger und keiner muss traurig sein.


Doch bevor es los gehen konnte wurden wir durch eine Show unterbrochen. Viele Organisationen studieren extra für KNY eine Performance ein. Sie laufen durch die Straßen und wenn sie auf eine Gruppe treffen führen sie diese Choreo, bestehend aus Gesang, Tanz und kleinem Schauspiel vor. Dafür erhoffen sie sich eine Spende, die an die Organisation geht. Die Show war eigentlich ziemlich schön, wobei Einige von ihnen ziemlich gelangweilt aussahen und ein paar meiner Kinder ziemliche Angst eingejagt haben.



Als zweites Spiel spielten wir das Wettrennen mit verknoteten Beinen. Auch hierbei erhielten die Schüler Schreibhefte als Preis.


Anschließend gab es eine Pause zum Essen und Trinken. Da etwas zu kochen zu aufwendig gewesen wäre, entschieden wir uns für Obst und Kekse. Dazu gab es Softgetränke aller Art. Natürlich wurde auf dem Boden in kleinen Gruppen gegessen. Auch wenn es nichts aufwendiges war, haben sich dir Kinder sehr mit dem Essen vergnügt. 


Bevor weiter gespielt wurde, organisierte ich, dass wir einen Gruppenfoto mit Jedem machen. Da wir so eine Art Balkon haben wurde es mir auch leichter gemacht, dass man jeden sehen kann. Trotzdem war es ziemlich schwierig die ganze Gruppe zu bändigen und so standen groß und klein wahllos durcheinander und ein paar wenige leider auch zu weit Abseits, aber dennoch finde ich das Ergebnis sehr schön. Wobei viele, ich würde glatt meinen ein Drittel oder die Hälfte der Schüler, nicht da waren ist es doch eine echt nette Erinnerung an die ganzen Kinder.



Als nächstes war Tau-Ziehen an der Reihe. Mal ein Spiel wobei eigentlich jeder gleichzeitig mitspielen kann. Es war wirklich sehr schön mit anzusehen wie sich so eine große Menge auf einmal freut, weil sie gewonnen hat.


Dann kam das Spiel, worauf ich mich am meisten gefreut habe, "Schlage den Tontopf". So eine Art Piñata, nur nicht ganz so schön, wurde aufgehangen und man musste es mit verbundenen Augen versuchen zu schlagen. Wobei man aber nur drei Versuche hat und man bevor man schlagen darf auch noch schön im Kreis gedreht wurde, sodass man wirklich keinerlei Ahnung hat wo dieser Topf denn eigentlich ist. Die herum stehenden Zuschauer dürfen einem helfen und "Right" oder "Left" oder "Correct" oder andere Befehle zuschreien. Da aber es ein Mob aus Kindern ist, die alle irgendetwas anderes schreien kann man, meiner Meinung nach leider keine genauen Worte heraus hören. 
Als erstes zu durfte sich eine Schülerin von Moritz erproben, die laut ihm schon die ganzen zwei letzten Wochen gefragt hat ob sie es machen darf. Und tatsächlich schaffte sie es auch den Topf zu treffen.





Zu meiner Überraschung war tatsächlich ich Diejenige, die es bei dem zweiten Topf versuchen durfte. So tollpatschig wie ich natürlich bin, habe ich einfach dreimal ins Leere gehauen. Aber die anderen beiden Vertreter für Deutschland, Moritz und Lara, welche es nach mir versucht haben, sind genauso gescheitert. Alle drei Vertreter für die Niederlande, Fauve, Ces und Mia konnten jeweils, ohne jeglichen Probleme, einen Topf zerschlagen. Einerseits finde ich es schade, dass wir Erwachsenen den Kindern das Spiel "weggenommen" haben, aber anderseits habe ich mich selber auch ziemlich gefreut, dass ich es selber versuchen darf. Immerhin bin ich zum Teil immer noch ein kleines Kind. Außerdem haben die Schüler lauthals unsere Namen gerufen und uns angefeuert, sodass es so wirkte, als ob sie auch Spaß dabei haben würden. Zudem konnten sie, sobald der Topf zerschlagen wurde, dorthin rennen und die Bonbons und Geldscheine aufsammeln. Zusätzlich befand sich in den Töpfen auch noch Babypuder, dadurch hatte man das Gefühl bekommen, in einen Schneesturm geraten zu sein, sobald so ein Topf kaputt ging.



Als letztes Spiel der Feier gab es "Reise nach Jerusalem", wobei es hier einfach "chair game" heißt. Das Spiel ging nahtlos in normales spaßiges (um den Tisch/Stuhl herum) Tanzen über. Wobei man, da es immerhin im Schatten 39°C waren und in der Sonne getanzt wurde, ziemlich ins Schwitzen kam, aber man auch eine Menge Spaß hatte.


Nachdem nacheinander alle Kinder gegangen sind, wurde noch ein Mitarbeitergruppenfoto gemacht, aufgeräumt und einem schöne Ferien und ein frohes neues Jahr gewünscht. 



Dienstag, 12. April 2016

Hochzeit auf kambodschanisch

Innerhalb der letzten Monate wurde ich genauso häufig zu einer Hochzeit eingeladen wie in meinem ganzen vorigen Leben. Doch es liegt nicht daran, dass alle meine Freunde entscheiden, jetzt schnell, kurz nach dem Abi, zu heiraten. Nein. Es liegt daran, dass hier in Kambodscha Hochzeiten viel größer gefeiert werden als in Deutschland und man schon eingeladen ist, wenn man nur der Nachbar der Schwester der Braut ist oder aus noch geringeren Gründen.
Bei uns "Deutschen" geht es bei einer Hochzeit meist darum, dass sich zwei Personen lieben und darüber im klaren sind, dass sie ihr weiteres Leben gemeinsam verbringen wollen. Und sie dieses Versprechen vor ihren Freunden, Familien und oftmals vor Gott geben wollen.
Gut, manchen Paaren geht es vielleicht auch nur um die Steuervorteile, aber die lassen wir mal außen vor. Denn im Grunde geht es darum nicht, sondern um die Liebe.
Inzwischen heiraten aber in Deutschland immer weniger Paare, da es nicht notwendig ist, da man auch unverheiratet sein Leben zu zweit oder sogar mit eigenem Nachwuchs verbringen kann.

Hier ist es noch ein wenig anders. Als Paar zu zweit zu Leben und womöglich auch noch Kinder bekommen, aber nicht verheiratet zu sein, ist hier keine Möglichkeit. Die Hochzeit ist im Grunde eine Pflichtveranstaltung. Bei vielen Hochzeiten handelt es sich sogar noch um eine, von dern Eltern arrangierte, Eheschließung. Das Privileg sich seinen Partner selber auszusuchen haben nicht viele. Erst recht die Landbevölkerung ist noch sehr konservativ und hält sich an diese alte Tradition.
Auch an die Tradition, keinen Sex vor der Ehe zu haben, ist im ganzen Land noch weit verbreitet. Generell wird öffentlich keine Zuneigung gezeigt. Auch wenn man schon verheiratet ist und Kinder hat kann man nicht offen "Händchen halten" oder sich küssen. Wer das tut verliert sein Gesicht.

Zudem muss der Bräutigam der Familie der Frau eine gewisse Summe an Geld geben, sodass er seine Braut heiraten darf. Die Höhe dieses Betrags wird mit dem Vater der Braut verhandelt und kann zwischen Stadt und Land stark variieren. Diese "Mitgift"kann auch eine Hochzeit verhindern. Wenn der Vater der Braut den Bräutigam nicht für geeignet hält, kann er einfach den Preis viel zu hoch ansetzen. So kann der Bräutigam nicht zahlen und kann die Frau auch nicht heiraten.
Das der Mann dieses Geld aufbringen muss, welches meist durch längeres arbeiten und sparen des verdienten Geldes gesammelt wird, sorgt auch dafür, dass die Männer meistens schon um die 30 Jahre alt sind wenn sie heiraten können. Wo hingegen die Frauen meist um die 10 Jahre jünger sind. Es ist schwierig für eine kambodschanische Frau über 30 einen Kambodschaner zu finden, der sie noch heiraten möchte. Das gleiche gilt für Witwen oder geschiedene Frauen. Meistens bleiben diese ohne einen (weiteren) Ehemann. Ausnahmen sind nur die, die Ausländer heiraten. Meistens haben sie eher weniger ein Problem damit, dass die Frau schon so "alt" ist und vorher mit einem anderen Mann geschlafen hat. Bei Männern aber wird das alles nicht ganz so eng gesehen, diese können auch noch ein weiteres mal heiraten.

Die Hochzeit an sich dauert meistens um die zwei/drei Tage. Wobei die meiste Zeit die Anzahl der Gäste recht überschaubar ist. Da die eigentlichen Zeremonien nur mit der Familie und engen Freunden abgehalten werden. Erst bei der großen Feier am Abend des letzten Abends werden dann alle anderen Menschen, die man noch so kennt, eingeladen, sodass um die 600 - 1000 Gäste eingeladen sind.
Die Zeremonien werden entweder in einem riesigen Hochzeitszelt bei sich zu Hause oder in einem extra für Hochzeiten gemieteten Raum durch geführt.
Ich kann mich glücklich schätzen, dass ich bei der Hochzeit von Socheata (Schülerin von Henrik und Freundin von Paulina) und Malyvan (Lehrerkollege der beiden und Freund von Henrik) auch bei den Zeremonien dabei sein durfte, wo ich bei den anderen Hochzeiten nur bei der abendlichen Feier dabei war. Somit konnte ich miterleben wie man eine Hochzeit auf kambodschanische Art feiert.

Nach meinen Erfahrungen beginnt der Tag einer Hochzeit sehr früh, wenn man denn zu den Zeremonien eingeladen ist und auch hin geht. Die erste Zeremonie beginnt gegen 7 Uhr morgens, doch muss man noch bedenken wie lange man hinbraucht und wie lange man sich fertig macht. Denn wie auch bei uns üblich, zieht man sich zu einer Hochzeit was nettes an und trägt ein wenig Make-Up auf. Hier muss man aber noch darauf achten, dass das Kleid und die Schminke bei den Zeremonien zwar schick ist, aber nicht ganz so schick wie am folgenden Abend. Denn der ist die Krönung von allem.
Da Socheata und Malyvan im etwas weiter entferntem "Apollo Plaza", angeblich den besten Räumen/Restaurant für Hochzeiten in der Stadt, gefeiert haben waren, wir schon für 6 Uhr mit Bamap verabredet.

Bei der ersten Zeremonie befindet man sich noch außerhalb des Hauses. Ein jeder Gast bekommt eine Gabe, ein Geschenk des Bräutigams für die Braut in die Hand gedrückt. Dabei handelt es sich um Obst, Gebäck, Fleisch und ähnlichem. Ich konnte sogar einen "Schweinekopf" erspähen, den ich zum Glück nicht bekommen habe. Die Gästeschar entfernte sich von den Räumlichkeiten und stellte sich dann in einer bestimmten Anordnung auf.  Den Kopf der Schlange bildete der Bräutigam und deren engen Familienmitglieder (vermute ich) und der Körper besteht aus einer Anreihung von immer zwei Leuten. Wobei auch hier man nicht willkürlich stehen kann, denn zum Beispiel kommen zuerst die Leute, die Obst tragen.
Mit Trommelschlag bewegt sich dann diese Schlange vorwärts, zurück zu dem Gebäude und tatsächlich auch ins Gebäude rein. Dort angekommen setzen sich alle auf die Stühle, welche einen Gang auf die Stühle des Bräutigams zuführend bilden. Von dort an wird die Zeremonie von einem Mann und einer Frau geleitet, welche auch singen, tanzen und von den Gästen ein paar Gaben einsammeln und anschließend der Braut und ihren Eltern überreichen.
Die ganze Zeremonie symbolisiert eigentlich nur die Gaben, die der Bräutigam der Familie der Frau gibt um das Einverständnis zur Hochzeit zur erhalten. Wobei im Gegensatz zu heute, früher diese Gaben vermutlich tatsächlich die richtigen Geschenke waren und kein Geld.


Nach dieser Zeremonie gab es erst einmal für alle Gäste Frühstück, wie üblich für Kambodscha gab es Porridge. Wobei es sich nicht um Porridge handelt wie man ihn bei uns kennt, sondern es viel eher eine Reissuppe mit Fleisch ist.
Nach dem Frühstück folgten weitere Zeremonien. Wobei jede einzelne viel mehr für die Fotos, als für die Gäste oder das Hochzeitspaar stattfinden. Die Fotos haben ihre Wichtigkeit, sie gelten hier wie eine Hochzeitsurkunde. Kaum Jemand heiratet nämlich tatsächlich vorm Standesamt, das würde nur Stress und Kosten verursachen. Somit hat auch keiner eine Hochzeitsurkunde. Der Beweis dafür, dass man geheiratet hat, sind die Fotos, Videos und alle die Nachbarn, die bezeugen können auf der Hochzeit gewesen zu sein. Daher werden die Hochzeiten auch so riesig gefeiert, so viele wie möglich sollen mitkriegen, dass man geheiratet hat, damit keiner es anzweifeln kann.

Während den Zeremonien wird die Anzahl der Gäste immer weniger und weniger. Bis am Ende eigentlich nur noch die Familienmitglieder übrig sind. Und natürlich wir. Ich kann es den Gästen, die frühzeitig gehen, nicht missbilligen. Denn es zieht sich schon ewig. Nicht einmal die Zeremonien selber, diese sind interessant und recht kurz. Sondern die Zeit zwischen den Zeremonien. Denn vor jeder Zeremonie muss sich das Brautpaar umziehen und die Braut neu geschminkt und zum Teil neu frisiert werden. Sowas dauert eine Weile und somit entstehen lange Pausen. Erst recht wenn man um halb 6 in der Früh aufgestanden ist, ist es nicht sehr leicht geduldig zu warten. Ich für meinen Teil bin in der Wartezeit sogar auf Paulinas Schulter eingeschlafen.

Die letzten beiden Zeremonien waren wieder ein wenig aufweckender, da auch die Gäste wieder einbezogen wurden. Bei der einen konnten immer zwei Personen gleichzeitig nach vorne zum Paar gehen, einen der beiden eines der roten Glücksarmbänder ums Handgelenk binden, mit einer Blume Wasser auf deren Hände und Köpfe tröpfeln lassen, ihnen Wünsche für die Zukunft aussprechen und ihr Hochzeitsgeschenk, ein Umschlag mit Geld, überreichen.



Bei der letzten Zeremonie setzen sich alle Gäste um das Brautpaar herum. Natürlich nur im Halbkreis, denn ansonsten würde ja Jemand mit dem Rücken zur Kamera sitzen. Auch wir wurden, zu unserer Freude, aufgefordert mit zu machen. Jeder hat Blumen in die Hand gedrückt bekommen und dann wurde fleißig gerupft. Denn notwendig waren nur die Blüten der Blumen. Der Sprecher redete und redete und auf ein Kommando hin wurden die Blüten aufs Paar geworfen. Anscheinend wird das dreimal wiederholt, was zu Peinlichkeiten meinerseits führte, da ich natürlich alle Blüten auf einmal warf. Nachdem die herum sitzenden ordentlich gelacht haben, gaben sie mir und Paulina, die wohl den gleichen Fehler machte, freundlich lächelnd ein paar ihrer Blüten ab und wiesen daraufhin drei mal zu werfen. Anschließend haben wir es richtig gemacht.

Als die letzte Zeremonie beendet wurde konnte man noch Fotos mit dem Hochzeitspaar machen und es gab Mittagessen. Gegen 13 Uhr war es dann erst einmal zu Ende und Bamap fuhr uns wieder nach Hause.


Wenn man, wie wir ,Abends auch auf die Feier möchte, hat man nicht sehr viel Zeit sich auszuruhen. Vor allem wenn man ein Mädchen ist und sich angemessen schminken und frisieren lassen möchte. Zuhause angekommen konnte ich 2 Stunden Mittagsschlaf machen, duschen und schon ging's mit Pauli wieder los zum Friseur. Dort wurden wir 1,5 Stunden lang in echte Kambodschanerinnen verwandelt und von den Vorbeilaufen bewundert und als "Sreys sart" bezeichnet. In Windeseile ging's nach Hause, schnell ins Kleid und Schuhe rein und dann mit Bamap, Tolla und Henrik zurück zur Hochzeit.


Alle abendlichen Feiern, die ich bis jetzt besucht habe, waren sich ziemlich ähnlich. Alle wurden in einem riesigem Raum mit hundert runden Tischen und einer Tribüne gefeiert. Sobald ein Tisch voll besetzt ist geht es auch schon mit dem Essen los. Dabei handelt es sich meist um ein aus mehreren Gängen bestehendes Menu, wobei eine große Platte o.ä. in die Mitte des Tisches gestellt wird und jeder sich nehmen kann. Meist geht das Essen direkt von der großen Platte in den Mund, man könnte also sagen "1 Teller für 10 Leute". Wer Probleme hat ein Gericht zu erreichen, dreht einfach die runde Tischplatte auf der die Gerichte stehen. Beim Essen wird natürlich schon angefangen zu trinken. Bei den Männern meistens Bier, die Eiswürfel dürfen natürlich nicht vergessen werden und bei den Frauen doch öfter mal Cola oder andere Softdrinks. Während des Essens wird mindestens 10 mal das Glas in die Mitte des Tisches gehalten und angestoßen. Wobei das eigentlich nur die Männer machen und die Frauen das ganze schön ignorieren. Man muss auch nicht brav an seinem Tisch sitzen bleiben, man kann aufstehen und von Tisch zu Tisch gehen um mit anderen Bekannten anzustoßen und zu trinken. Nur gegessen wird an seinem eigenen Tisch. Aber es passiert auch häufiger mal, dass um einen Tisch um die 15 Männer stehen, auch gar nicht essen sondern nur trinken und alle 5 Sekunden am zu prosten sind. Sich sorgen um den Biernachschub zu machen ist unnötig. Es laufen die ganze Zeit um die Tische herum Kellner/innen, die tüchtig dafür sorgen, dass auch kein Getränk vermisst wird.
Irgendwann beginnt auch das Spektakel auf der Bühne, dann wird geredet, gesungen und es gibt Tanzaufführungen. Irgendwann werden dann auch die Gäste aufgefordert sich von den Stühlen zur erheben und die Mitte des Saales zu kommen. Denn dann ist es soweit, das Brautpaar kommt herein. Dann sogar in dem, für uns normalen, Hochzeitsoutfit "schwarzer Anzug und weißes Brautkleid". Das Paar geht durch den Gang aus Gästen zur Bühne, während dessen werden sie wieder mal mit Blüten, Konfetti und Luftschlangen beworfen.



Auf die Bühne gesellen sich auch die Eltern des Paares dazu und jeder der 6 darf einmal etwas sagen, sich bedanken und ihre Zukunftswünsche äußern. Bei Socheata hieß es: "Ich hoffe das mit dem Baby klappt auch bald." Anschließend muss sich das Brautpaar mit etwas gegenseitig füttern, ob es sich dabei um eine Banane oder um Langotan handelt ist auch egal.
Und dann der Höhepunkt von allem. Sie sollen sich vor all ihren Gästen küssen. Bei uns wäre das wohl recht schnell erledigt, einfach ein kleines Küsschen und gut ist. Doch hier dauert es, bis beide den Mumm zusammen haben und es dann endlich schaffen. Aber generell gibt es erst ein Kuss auf jede Wange und auf die Stirn und dann erst auf den Mund. Es ist wirklich süß mit anzusehen, wie sich ein so frisch verheiratetes Paar so genieren kann sich zu küssen. Da merkt man deutlich, dass es hier was ganz anderes bedeutet.
Anschließend wird Musik gespielt und es wird getanzt. Meistens gibt es aber Livemusik, denn in jeder Familie ist mindestens eine Person musikalisch begabt und singt auf dem Podium.
Wer noch nicht genug gegessen hat kann auch immer wieder zum Tisch zurück kehren, essen und/oder trinken.
Man muss nur aufpassen, dass der Tisch nicht zu verlassen aussieht. Denn dann wird er einfach ganz weggeräumt. Das ist jedenfalls Paulina und mir auf der letzten Hochzeit passiert. Als wir vom Tanzen zurück kamen, war der Tisch einfach abgebaut und wir hatten weder Essen, noch Gläser noch trinken. Doch wir wurden von den Leuten am Nachbartisch herzlich eingeladen uns zu ihnen dazu zu gesellen. Da zu so später Stunde eh kaum einer mehr sitzt, ist es auch egal wie viele jetzt bei einem Tisch stehen oder nicht.




Die Feier ist dann meist gegen 10 oder 11 vorüber. Für die Braut, die gegen 3 Uhr morgens aufgestanden ist war das auch schon ein sehr langer Tag. Wer aber noch nicht müde ist und nach Hause will zieht weiter zum "KTV", also zum Karaoke. Obwohl singen und ich nicht so gut zusammen passt, konnte ich es mir einmal auch nicht entgehen lassen.


[ Die ersten Fotos waren von Socheatas Hochzeit, die folgenden sind von Linas (die Schwester unserer Landlady) Hochzeit]