Auf dem Weg dorthin kommen wir an dem alten französischem Gouverneurspalast vorbei. Der Stil des Palastes kommt mir recht vertraut und keines Weges fremd vor. Doch das liegt ausschließlich daran, dass ich aus dem "Westen" komme. Denn für Kambodscha ist es sehr fremd. Sowas erwartet man nicht im geringsten in einem Städtchen hier. Zum ersten mal sehe ich wirklich einen Beweis dafür, dass die Franzosen hier waren. Ich finde es passt so gar nicht in das Bild hinein, zu dem auch noch auf der Brücke, die zum Palast führt, kleine schmiedeeisernde Laternen stehen. Solche sieht man sonst nirgends in Kambodscha, zu mindestens hatte ich bis dato noch keine gesehen.
Als wir beim Kayakverleih ankommen, treffen wir zwei recht junge Burschen die an diesem Tag dort arbeiten. Da momentan Pchum Ben gefeiert wird, sind recht viele ihrer Kollegen beurlaubt. Die beiden sind recht sympathisch, wirken aber noch recht unerfahren. Sie drücken uns auch anstatt eines Formulares ein einfaches weißes Stück Papier in die Hand, auf dem wir unsere Namen, unser Guesthouse, unsere Herkunft und unser Alter schreiben sollen. An sich wollen sie auch, dass wir eine Unterschrift drunter setzen. Da mir das aber nicht so lieb wäre, da man alles mögliche noch auf das Blatt schreiben könnte und es dann so aussieht als ob wir das unterschrieben hätte, fragte ob ich es machen muss. Gar kein Problem. So wichtig ist die Unterschrift anscheinend nicht. Da wir die Frage, ob wir schon einmal Kayak gefahren sind, mit "Ja." beantworten bekommen wir auch keinerlei Einweisung und es geht direkt auf den Truck und zum Fluss. Da wir zu dritt sind, haben wir ein 1-Mann-Kayak und ein 2-Frau-Kayak. Wir bekommen noch schnell die Information, dass wir nach der 6 Brücke auf der rechten Seite von ihnen wieder eingesammelt und werden und schon sind wir auf dem Fluss.
Glücklicher Weise müssen wir stromabwärts und müssen deswegen nicht wirklich sehr viel machen. Wir paddeln ungefähr genauso viel, wie wir uns treiben lassen. Doch genau so ist es perfekt. Die Sonne scheint, es ist warm und man kann sich einfach mal entspannen. Wir reden über Gott und die Welt und bestaunen mal wieder dieses wunderschöne Land. Doch bekommen wir leider auch die nicht so schöne Seite Kambodschas zu Gesicht. Das Landschaftsbild ist durch Müll geprägt, manche Bäume sehen zum Teil aus wie Christbäume, leider nur verziert mit Müll. Wenn der Wasserstand höher ist bleibt der ganze Müll in den Bäumen hängen, sobald der Wasserstand wieder weniger wird, bleibt der Müll hängen und die Christbäume entstehen. Die Bewohner der am Fluss gelegenen Dörfer werfen ihren Müll hinab in den Fluss oder verbrennen ihn, leider wissen sie es nicht besser.
Trotzdem genieße ich die Tour in vollen Zügen. Obwohl zwischendurch mein Körper mir keinen Spaß bereitet, meine Füße schlafen immer zu ein. Aber es ist nicht wie "normales Füße einschlafen", denn dieses Gefühl zieht sich den ganzen Oberschenkel hoch und schmerzt dabei. Immer wieder muss ich eine "Paddelpause" einlegen und auf dem Kayak gymnastische Übungen machen, ansonsten würde ich es nicht aushalten. Auf die Kambodschaner, die uns in diesen Momenten gesehen haben, muss es ein sehr irritierenden Eindruck gemacht haben.
Nach der 6 Brücke entdecken wir recht schnell unsere Kayakvermieter. Sie helfen uns aus dem Wasser und kümmern sich um die Kayaks. Sie bieten uns sogar an uns noch zu unserem Guesthouse zu fahren. Da wir doch größtenteils durchnässt sindm nehmen wir das Angebot dankend an. So geht's dann auf dem Truck, teilweise auf den Kayaks, zurück zum Guesthouse.
Dort machen wir uns eine entspannte Mittagspause auf der Dachterrasse. Wir ruhen uns einfach aus, essen, spielen Karten und trinken unseren doch so geliebten Eiskaffee. Dann kommen wir auf die grandiose Idee, dass wir doch solchen Kaffee auch selber zuhause machen könnten, wenn wir wüssten wie es geht. Da der Guesthouse-Besitzer und Betreiber des Dachterrassenrestaurants so freundlich auf uns wirkt, fragen wir ihn ob er es uns zeigen könnte. Auch wenn unsere Kommunikation nicht die besten Voraussetzungen hat, zeigt er es uns tatsächlich. Geht viel einfacher als wir gedacht haben. Der liebe Herr wirkt ganz erfreut darüber, dass er uns was beibringen konnte und uns so einfach glücklich machen konnte.
Nach ungefähr 2 Stunden holt uns Huot wieder ab. Wir wollen nämlich zum Phnom Sampeau. Doch bevor wir dorthin fahren sammeln wir noch eine weitere Person ein. Huot hat anscheinend tagsüber noch den lieben Chris ausfindig gemacht und möchte jede Gelegenheit nutzen Geld zu verdienen oder hilfsbereit sein, einen zu fahren und Tourguide zu spielen. Wir haben natürlich kein Problem mit einem neuem Gruppenmitglied.
Wir fahren ne weile mit dem TukTuk, da der Berg (Phnom = Berg) bzw. Kalksteinfelsen etwas weiter weg liegt. Genug Zeit um nette Pläuschchen zu halten und den Fahrtwind zu genießen.
Schon auf dem ersten Blick sieht man, dass es sich mal wieder um eine Touristenattraktion handelt. Aber das soll uns nicht stören, immerhin sind wir im Moment selber als Tourist unterwegs.
Die erste Sache die wir begutachten ist ein riesiger in den Stein gemeißelter Buddha-Kopf. Ursprünglich gab es den Plan einen ganzen Buddha in den Felsen zu hauen, aber aus Kostengründen blieb es nur bei dem Kopf. Das finde ich aber gar nicht so schlecht. Denn so kommt man dem Kopf ganz nahe und kann beinahe auf Augenhöhe mit dem Buddha stehen. Würde es den ganzen Buddha geben, könnte man ihn nur von seinen Füßen aus betrachten, wobei das Gesicht doch viel interessanter ist. Zudem hat man von der Höhe des Kopfes eine sehr schöne Aussicht über das Umland, dort könnte man sich ja nicht befinden wenn der ganze Buddha vorhanden wäre, da dann die Aussichtsplattform nicht existieren würde bzw. könnte. Die Plattform erreicht man durch ein paar Treppen und quasi Leitern. Allein diese haben mich schon zum hecheln gebracht.
Nachdem wir den Kopf und die Aussicht lang genug betrachtet haben, geht es wieder runter. Dort kaufen wir uns ein Ticket, da auf dem Berg einige Tempel stehen muss man 3$ Eintritt zahlen. Im Vergleich zum Zirkus oder dem Kayakfahren ein richtiges Schnäpchen. Den Berg kann man entweder über Treppen oder über eine Straße erklimmen. Wir nutzen auf Rat von Huot die Straße, in meinem Kopf ist die Zahl 714 hängen geblieben. Aber ich bin mir nicht ganz sicher ob es sich wirklich um 714 Stufen handelt. Aber auf jeden Fall wären es ganz viele Stufen um auf den Berg zu kommen. Nach dem mich die anderen, vielleicht 30, Stufen schon zum hecheln gebracht hatten, bin ich doch ganz froh, dass Huot so für uns entschieden hat. Als wir den Weg nach oben antreten, läuft dieser aber nicht mit uns hoch, sondern lässt sich mit einem Moto hoch fahren. Er meint, dass er seine Energie noch benötigt wenn wir oben sind. Da er uns so viel erzählen will.
Auf dem Weg nach oben durchqueren wir ein Tor und oben angekommen begrüßen uns die 12 Tierkreiszeichen. Diese Unterscheiden sich von dem unseren, aber nicht von dem doch recht bekannten chinesischen Tierkreiszeichen. Diese Recht großen Statuen befinden sich um ein Haus, in dem Buddha sitzt, herum verteilt, aber sie wirken dort irgendwie fehl am Platz. Jedenfalls hätte ich nicht im geringsten damit gerechnet.
Außerdem gibt es dort oben einige Tempel, zu denen uns Huot recht viel erzählt, aber wir trotzdem nie langen halten. Huot hat nämlich einen genauen Zeitplan, an den wir uns genau halten. Wir gelangen an einigen schönen Gebäuden und Statuen vorbei, bis wir die "Killing Caves" erreichen.
Die Killing Caves haben wir, wie auch die Killing Fields, den Roten Khmer zu "verdanken". Sie nutzten die natürlichen Höhlen und Felsspalten als Massengräber. Sie haben ihre Opfer in die Höhlen runter geschubst, teilweise noch lebendig. Dort häuften sich sich und starben, falls sie nicht direkt beim Aufprall starben, eines qualvollen Todes. Diese Höhlen sind nun der Öffentlichkeit zugänglich.
Wir stehen noch oberhalb der Höhlen und lassen uns von Huot belehren. Bevor wir runter gehen, sagt er uns auch noch drei mal, dass wir nicht so viel Zeit haben. Wir gehen die steile von Naga verzierte Treppe hinab. Wir kommen in einer halb offenen Höhle an, die eindeutig Besuchern ausgelegt ist. Aber nicht unbedingt nur Touristen, auch einfach denen, die den Opfern gedenken wollen und für sie beten wollen. An der einen Seite der Höhle befindet sich ein großer liegender Buddha, vor diesem sitzen drei alte Gestalten und murmeln leise vor sich hin, in der Luft hängt eine bunte Girlande, an einer der anderen Seite steht ein kleiner Stupa, in dem sich ein Glaskasten mit den gesammelten Knochen befindet, der Geruch von Räucherstäbchen dringt einem in die Nase. Auf der von dem Stupa gegenüber liegenden Seite, kann man durch die Höhle raus in den Himmel schauen. Wenn man das tut, kann man seinen Blick weiter nach rechts runter in die Tiefen der Höhle schweifen lassen. Aber nicht nur das, man kann auch hinunter steigen. Ich hatte schon in der ersten Höhle ein beklommenes Gefühl, doch als wir weiter runter klettern wird es noch intensiver. Obwohl dort sogar Lampen sind und ich weiß, dass ich jederzeit, ohne Probleme wieder hinauf steigen und raus ins Tageslicht und an die Luft gehen könnte, ist dieses Gefühl doch nicht sehr lange auszuhalten.
Huot hätte sich keine Sorgen machen brauchen, dass wir dort zu lange verweilen. Denn dabei handelt sich wirklich um kein Ort an dem man picknicken würde.
Wir schreiten weiter den Berg hinauf und kommen zu einem kleinen Platz, an dem eine sehr große goldene Buddha-Statue fünf kleineren, auch goldenen, Mönchsstatuen gegenüber sitzt. Allen sechs Statuen wurde das, für Mönche typische orangene bzw. rote Gewand, umgehangen. Die Statue zeigt wie Buddha den Mönchen die 5 Gebote des Buddhismus' auflistet.
Dabei handelt es sich um:
1. Lebendiges umzubringen will ich mich enthalten
2. Nicht gegebenes zu nehmen will ich mich enthalten
3. Des falschen Gebrauchs der Sinne will ich mich enthalten
4. Falscher Rede will ich mich enthalten
5. Berauschender Mittel will ich mich enthalten
Anschließend geht es noch weiter den Berg hinauf, dort befinden sich noch weitere Pagoden und es gibt eine grandiose Aussicht. Zu diesen Pagoden erzählt uns Huot jedoch nichts, sondern verschwindet recht schnell zum Fuß des Berges. Und auch wir müssen recht bald wieder den Rückzug antreten. Uns bleibt aber noch genug Zeit einmal rum zu laufen und alles zu betrachten. Zwischendurch kommen zwei kleine Kinder zu Pauli und mir und schenken uns Blüten. Wir behalten sie und verzieren uns mit ihnen.
Aber dann müssen wir auch runter. Diesmal geht es aber all die Stufen und nicht die Straße hinunter. Paul und Pauli preschen voran, dicht gefolgt von Chris. Ich folge ihnen mit einigem Abstand. Doch finde ich es gar nicht so schlecht mal ein wenig alleine zu sein. So kann man sich viel besser in die Vergangenheit zurück versetzen. Ganz allein, mit den verrotteten Stufen und all den wilden Pflanzen fällt es einen recht leicht.
Aber auch wenn ich gewollt hätte, könnte ich gar nicht aufholen. Ich fühle mich ganz komisch wacklig auf den Beinen. Irgendwie zittern sie und ich habe keinen festen Stand, was mir beim Treppen laufen besonders auffällt, da man dabei immer nur das eine Bein belastet. Doch schenke ich dem nicht sehr viel Beachtung. Immerhin gibt es hier viel interessanteres als meine eigenen Beine.
Unten angekommen wartet Huot schon ungeduldig auf uns, denn es wird Zeit, dass er uns seinen "secret spot" zeigt. Wir steigen in sein TukTuk ein und fahren los. Wir fahren an den ganzen anderen Touristen, die auf der Straße stehen und den Berg erwartungsvoll anstarren, vorbei. Und dann passiert das erwartete und doch erstaunliche. Aus einer Felsspalte strömen tausende Fledermäuse raus. Doch leider kann ich sie nicht gut sehen, da wir uns im TukTuk befinden. Wir fahren um den Berg herum und entfernen uns von den Fledermäusen. Ich kann sie schon gar nicht mehr richtig sehen und ärgere mich ein wenig, dass wir jetzt zu seinem super tollem Geheimplatz fahren, aber dann da bestimmt gar keine Fledermäuse mehr da sind.
Doch dann halten wir und Huot sagt, dass sie noch nicht einmal los geflogen sind. Welch eine erfreuende Nachricht. Ich steige aus und erschrecke mich über meinen eigenen Körper. Meine beiden Beine zittern so heftig, dass ich das Gefühl habe ich müsse mich irgendwo festhalten um nicht um zufallen. Ich blicke auf meine Beine und stelle fest, dass man das Zittern ohne Probleme sehen kann und das ich es mir nicht nur einbilde. Ich muss ziemlich erschreckt aussehen, denn Paul, der gerade neben mir ausgestiegen ist, fragt mich direkt ob was los sei. Ich mache ihn auf meine Beine aufmerksam und auch er sieht ziemlich überrascht aus. Ich halte mich an ihm fest, wobei an sich, glaube ich, gar keine wirkliche Gefahr besteht das ich umfalle. Doch das Gefühl von diesen wackelnden Beinen ist doch zu komisch. Chris, der natürlich uns auch mit zum "secret spot" begleitet, bekommt mit was los ist und gibt mir sofort die Anweisung ich solle mich sofort wieder ins TukTuk setzten. Er erklärt, dass es wohl daher kommt das meine Muskeln zu wenige Nährstoffe erhalten haben, also keine Energie mehr haben.
So kommt es, dass ich wieder im TukTuk sitze, Paul mir eine Wasserflasche, mit den Worten "Trink aus.", in die Hand drückt, Chris in seiner Tasche nach einer Packung Erdnüssen kramt, die er noch aus dem Flugzeug hat und die auch recht zügig findet und mir dann auch noch in die andere Hand drückt.
Nach einem kurzen Augenblick gehe ich trotz wackliger Beine mit den anderen mit. Denn wir befinden uns unterhalb einer weiteren Felsspalte, aus der, wie auch aus der anderen, Fledermäuse hinaus fliegen. Der Unterschied ist aber, dass wir hier, abgesehen von drei anderen Touristen die durch einen Freund von Huot dorthin gefahren wurden, alleine sind und das man abgesehen von den Fledermäusen auch noch den Sonnenuntergang sehen kann. Dafür muss man nur einen kleinen Abhang des Berges hinauf klettern. Und dieses Spektakel will ich mir wirklich nicht entgehen lassen. Da wir schon im Vorhinein von dem kleinen Hang wussten, hatten wir immerhin festes Schuhwerk an. Meiner Meinung hat es sich echt gelohnt dorthin zu fahren, die Unmengen an Fledermäusen die wie ein Strom heraus und in den Sonnenuntergang flogen waren wirklich faszinierend.
Als wir wieder zurück nach Battambang fuhren, ich das Wasser ausgetrunken und die Erdnüsse aufgegessen hatte, ging es mir schon wieder um einiges besser.
Nach dem Abendessen machen wir es uns wieder auf der Dachterrasse bequem. Wir spielen wie immer Karten und stoßen auf diesen gelungenen Tag mit einem Bier an.
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